Die Administration der Geldwäschebekämpfung (Teil 2 von 2)
Veröffentlicht am 25. August 2022
Weiter geht’s mit der…
Financial Intelligence Unit (FIU) = Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen
Das wird leider auch etwas umfangreicher.
Die Ausgabe 10/2017 des Magazins brand eins zeigt ein Knäul von Schnüren und trägt den Titel „Der Plan war scheiße.“ Schwerpunkt der Ausgabe war „Strategie“. Das charakterisiert sehr schön die Situation, als 2017 die FIU von BKA und Bundesinnenministerium in die Hoheit von Zoll und Bundesfinanzministerium verlagert wurde.
Dabei war und ist die Idee, eine echte, bundesweit zentral zuständige Melde- und Analysestelle für Geldwäscheverdachtsmeldungen einzurichten, um damit das alte föderale System doppelter Meldewege abzulösen, absolut richtig. Nur „Der Plan war scheiße“. Und eine Strategie gibt’s gefühlt bis heute nicht.
Der Kardinalfehler war (vielleicht), diese Idee nicht weiter im BKA zu realisieren oder nicht gleich eine neue Behörde zu schaffen, in der die Zuständigkeiten mehrerer Ressorts gebündelt sind. Nach wie vor schwächt insbesondere das Fehlen des technischen Zugriffs auf polizeiliche (Landes-) Datenbanken die Arbeit der FIU. Erst wenn diese Thematik nachhaltig gelöst wird – und zwar nicht durch die gegenseitige Entsendung von Verbindungsbeamten, die diese Dateizugriffe nicht ersetzen können – kann die FIU ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen und den so dringend benötigten Mehrwert leisten.
Aber genau diesen zentralen Punkt kann die FIU nicht alleine lösen. Dazu braucht es politische Entscheidungen und gesetzliche Rahmenbedingungen. Es ist nicht fair, der FIU ein permanentes Versagen vorzuwerfen, diesen aber für sie zentralen Aspekt nicht zu lösen. Und wenn wir doch alle der Meinung sind, ohne diese Datenabgleiche lässt sich das nicht wirksam herstellen (und das steht außer Diskussion, vgl. auch BT-Drs. 19/13827, S. 114), der FIU in ihrer heuten Organisation dieser Zugriff aber dauerhaft nicht zur Verfügung gestellt wird und das auch offensichtlich „derzeit nicht geplant“ ist (BT-Drs. 19/16595, 8), dann kann es nur eine logische Entscheidung geben – die Rückführung der FIU in das Ressort des Bundesinnenministeriums oder der Aufbau einer eigenständigen Behörde, in der sich die Zuständigkeiten mehrerer Ressorts bündeln. Zu einer ähnlichen Einschätzung war bereits der Bundesrechnungshof in seinem Bericht vom 11.09.2020 gekommen. Alles andere bedeutet, dass man ein administratives Monster finanziert, von dem eine wirksame (operative) Bekämpfung der Geldwäsche nicht erwartet wird. Das wäre ein Offenbarungseid.
Das Zuführen von immer mehr Personal wird das Datenzugriffsthema und andere Probleme (Kompetenz, Technologie, Strategie, Prozesse, Leitung) nicht lösen. Es wird nur teurer und ineffizienter. Das sich medial in den Raum stellen vom „Obersten Geldwäsche-Bekämpfer“ (Handelsblatt, J. Hildebrand, 31.08.2020) Christof Schulte „Wir wären mit der künftigen Ausbaustärke, die zurzeit noch politisch in Planung ist, eine der größten, wenn nicht sogar die größte FIU weltweit.“ (Handelsblatt, H. Steinharter, 23.12.2020) ist die gleiche ungesunde Hybris wie die eine Milliarde Euro des Deutsche Bank Vorstands. Größe ist kein Wert an sich. Herr Schulte oder das BMF müssen definieren, woran Erfolg und Wirksamkeit der FIU gemessen werden.
Die FIU muss endlich die ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben (§ 28 GwG) vollständig erfüllen. Und das tut sie aus meiner Sicht in ganz wesentlichen Punkten bis heute nicht:
- Nach § 28 (1) GwG hat die FIU die „Aufgabe der Erhebung und Analyse von Informationen im Zusammenhang mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung … zum Zwecke der Aufklärung, Verhinderung oder Verfolgung solcher Taten.“ Ich lese aus diesem Paragraphen die gesetzliche Aufforderung zu einem aktiven Handeln. Sie soll nicht nur (eingehende) Informationen (Verdachtsmeldungen etc.) analysieren, sondern (selbstständig) Informationen erheben. Zur Aufklärung, Verhinderung und Verfolgung der Geldwäsche und Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung. Die FIU ist aber auf vielen Ebenen überwiegend um Schadensbegrenzung bemüht. Von aktiver Erhebung, empirischer Analyse, nachhaltiger Aufklärung oder wirksamer Verhinderung von Geldwäsche ist wenig zu sehen. Prioritäten und inhaltliche Abhandlungen (Immobilien) kauen altbekannte Muster wieder, Jahresberichte erscheinen im 3. Quartal des Folgejahres, Strafverfolgung wird erschwert statt vereinfacht und für die Verpflichteten ist die FIU im jetzigen Status ein Totalausfall. Geldwäschebekämpfung wird administriert. Enormer Mitteleinsatz, geringe Wirksamkeit.
- Die FIU soll operative Analysen durchführen, einschließlich der Bewertung von Meldungen und sonstigen Informationen. Das fordert § 28 (1), Ziff. 2 GwG. Auch hier wird aus meiner Sicht ein aktives Handeln eingefordert. Und zwar nicht ausschließlich, sondern nur „einschließlich“ durch die Analyse eingehender Meldungen und die Weitergabe der Ergebnisse an die zuständigen (Strafverfolgungs-)Behörden. Die FIU muss aus sich heraus operative Analysen initiieren, die einen wirksamen Output zur Geldwäschebekämpfung generieren. In Form neuer Ermittlungsansätze für die Strafverfolgungsbehörden. In Form detaillierter Parameter, auf deren Basis verpflichtete Unternehmen ihre internen Sicherungssysteme anpassen können, was in der Folge zu qualitativ besseren Verdachtsmeldungen führen würde.
- Die FIU muss nach § 28 (1), Ziff. 6 GwG die Ergebnisse ihrer operativen Analyse, einschließlich zusätzlich relevanter Informationen an die zuständigen inländischen öffentlichen Stellen übermitteln. Das ist die Kernaufgabe der FIU. Sie soll durch die Filter- und Steuerungsfunktion – als „Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen“ – nur operativ werthaltige Sachverhalte an die zuständigen Behörden weitergeben. Mit Blick auf die schiere Masse der Verdachtsmeldungen der richtige (Zentral-)Ansatz, um die begrenzten Ressourcen insbesondere der Strafverfolgungsbehörden zu entlasten. Die Erfüllung dieser Aufgabe hat zwei Voraussetzungen: (1) Alle eingehenden Meldungen sind auszuwerten und (2) um den Mehrwert in den Meldungen erkennen zu können, muss die FIU über die dafür notwendigen Analysetools = u.a. Datenzugriffe verfügen. Wenn sie aber wie im Moment, weder das eine tut (Stichwort: Risikobasierter Ansatz) noch das andere kann (Stichwort: Fehlende Dateizugriffe), dann erfüllt sie ihren gesetzlichen Auftrag nicht.
- Die Verpflichteten des GwG erstatten nach § 43 (1) GwG Verdachtsmeldungen an die FIU. Diese Verdachtsmeldungen sind die Basis der Arbeit der FIU. Die Meldepflicht kann sicher als DIE Kernanforderung des GwG betrachtet werden. Es liegt also im ureigensten Interesse der FIU, möglichste werthaltige Verdachtsmeldungen zu erhalten. Deshalb erachtet es der Gesetzgeber auch als wichtig, dass die FIU „Rückmeldung an den Verpflichteten“ erstattet, „der eine Meldung nach § 43 (1) GwG abgegeben hat“. Steht so in § 28 (1), Ziff. 7 GwG und in § 41 (2) GwG. Warum ist das so wichtig? Weil die Verpflichteten auf Basis dieser Rückmeldungen ihre internen Sicherungssysteme anpassen können, um bessere Verdachtsmeldungen zu erstatten, um eigene Ressourcen und die von FIU und Strafverfolgungsbehörden zu schützen.
Die hier beschriebene Filterfunktion soll sicherstellen, dass nach verpflichtender (vgl. § 30 (2) GwG) Analyse ALLER eingehenden Verdachtsmeldungen, auf Basis der dafür notwendigen Analysetools und Dateienzugriffe, nur noch relevante Sachverhalte – Link zu Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder sonstigen Straftaten – unverzüglich an die richtigen Stellen weitergeleitet werden. Das muss der Filter sein. Und kein Filter vorab, um mit der Masse der Meldungen klarzukommen.
Schauen wir mal auf ein paar Zahlen. Im Jahresbericht 2020 schreibt die FIU, dass von den eingegangenen Verdachtsmeldungen (144.005) insgesamt 24.700 Meldungen an die zuständigen Behörden übermittelt wurden. Das sind 17,2% (Vorjahr: 29,4%). Alle anderen Verdachtsmeldungen waren offensichtlich nicht relevant für eine Weiterleitung. Sehen wir in den letzten Jahresbericht 2016 der „BKA-FIU“, als die Verdachtsmeldungen von den Banken noch direkt an die GFG-Dienststellen der Länder gesteuert wurden. Von allen in den Clearingstellen der Länder eingegangenen Meldungen wurden 34% mit Restverdacht eingestellt, 11% ohne Restverdacht eingestellt, zu 2% lagen keine weiteren Informationen vor. Dagegen wurden 47% an polizeiliche Fachdienststellen abgegeben, 4% an Finanzbehörden und 2% verblieben zur Sachbearbeitung in der Clearingstelle. Das heißt, 53% aller analysierten Meldungen waren werthaltig im Sinne einer Weiterbearbeitung. 17,2 Prozent vs. 53 Prozent?
Wie kann das sein? Und wie kann die FIU zu diesen Ergebnissen kommen, ohne über die relevanten Dateizugriffe zu verfügen? Oder genau deshalb!? Das hieße aber im Umkehrschluss, bei der FIU bleiben Tausende Meldungen liegen, die potentiell melderelevant sind. Und das würde bedeuten, Beihilfe zur Geldwäsche oder sonstigen Straftaten wegen Unterlassen und Strafvereitelung im Amt in zigtausenden Fällen.
Der Vorwurf wurde (zu Recht!) in den letzten Jahren gegenüber Banken erhoben, die Verdachtsmeldungen zu spät oder nicht erstattet hatten. In der Folge mit strafrechtlichen Ermittlungen gegen verantwortliche Personen, Sonderprüfungen der Aufsicht und mit der Zahlung von Bußgeldern in zweistelliger Millionenhöhe. Ich finde, an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen und den „Obersten Geldwäsche-Bekämpfer“ sollten deutlich strengere Maßstäbe als an private Unternehmen angelegt werden, wenn es darum geht, dass relevante Verdachtsmeldungen nicht oder deutlich verspätet (#Wirecard) weitergeleitet werden. Also, wo sind hier aufsichtsrechtliche Untersuchungen und strafrechtliche Ermittlungen (die deutlich weiter gehen müssten als die der StA Osnabrück)!?
Es gibt in den letzten beiden Jahresberichten der FIU keine Zahl dazu, wie viele „Rückmeldeberichte“ die FIU an die Verpflichteten erstattet hat. {Exkurs: Vielleicht können wir uns mal darauf verständigen, dass die FIU in ihrem Jahresbericht zu jeder einzelnen in § 28 GwG formulierten gesetzlichen Aufgabe eine möglichst konkrete und klare Aussage über die Erfüllung dieser Aufgabe trifft. Danke.} Stattdessen wird im Jahresbericht 2020 zu diesem Thema festgestellt, dass – (1) das Rückmeldekonzept den Bedingungen des risikobasierten Ansatzes angepasst wurde, (2) ausschließlich Rückmeldungen umfasst sind, die den von der FIU festgelegten Risikoschwerpunkten zuzuordnen waren, (3) unabhängig von der Meldeintensität nur noch quartalsweise berichtet wird, (4) und nur dann, wenn der Verpflichtete Meldungen erstattet hat, die einem Risikoschwerpunkt der FIU zugeordnet werden konnten und (5) allen anderen mindestens einmal jährlich in geeigneter Form Rückmeldung gegeben wird.
Zusammenfassung: Im „best case“ erhält der Verpflichtete (mit erheblicher Verzögerung!) einen Rückmeldebericht pro Quartal, aber nur dann, wenn seine Verdachtsmeldungen einen der Risikoschwerpunkte der FIU zuzuordnen waren. Alle anderen bekommen – unabhängig von der Intensität ihrer Meldungen – einmal pro Jahr einen Rückmeldebericht. Was ist denn bitte das? Ich baue mir die Welt, wie sie mir gefällt? Ganz ehrlich – das ist frech, eine Farce und ein Ignorieren des gesetzlichen Auftrags. § 41 (2) GwG lautet: „Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen gibt dem Verpflichteten in angemessener Zeit Rückmeldung zur Relevanz seiner Meldung.“ Da steht nicht: „Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen gibt dem Verpflichteten quartalsweise Rückmeldung, wenn die Meldung einem Risikoschwerpunkt der FIU zugeordnet werden konnte. In allen anderen Fällen erhält der Verpflichtete jährlich Rückmeldung.“
Man gewinnt den Eindruck, die FIU wendet den risikobasierten Ansatz immer dann an, wenn sie nicht in der Lage ist, ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. Der risikobasierte Ansatz, der für die FIU entgegen ihrer Behauptungen nicht für FIUs gilt und nicht durch FATF oder (europa-)rechtliche Vorschriften für sie vorgeschrieben ist, wird missbraucht, um Mengen bestmöglich zu reduzieren. Sowohl bei der Analyse der Verdachtsmeldungen als auch bei Rückmeldungen an die Verpflichteten.
Sollte eine Bank ähnlich agieren – und im Unterschied zur FIU ist den Banken der risikobasierte Ansatz tatsächlich gesetzlich zugewiesen – dann wäre die Hölle los. Aufsichtsrechtliche Ermittlungen. Strafrechtliche Ermittlungen. Organisationsversagen. Bußgelder.
Belassen wir es mal dabei.
Es besteht sicher an anderer Stelle noch die Möglichkeit, die Qualität der vom Gesetz eingeforderten strategischen Analysen und Berichte (§ 28 (1), Ziff. 8 GwG), Information der Verpflichteten über Typologien und Methoden der Geldwäsche (§ 28 (1), Ziff. 9 GwG) oder erfolgten operativen Analysen (§ 28 (1), Ziff. 11 GwG) zu bewerten…
Die FIU erfüllt ihren gesetzlichen Auftrag in vielen Punkten nicht. Es besteht keine ausreichende Transparenz zur Arbeitsweise der FIU. Wie zählt die FIU? Offensichtlich werden auch Nachmeldungen als eigene Fälle in die Statistik eingerechnet. Das ist aber in der Sache falsch. Und weil die Banken durch die FIU keine zeitlich angemessenen Rückmeldungen erhalten, nach Meldungen aber gesteigerte Sorgfaltspflichten erfüllen, melden sie fleißig nach. Das heißt, die FIU treibt durch ihr eigenes Versagen und fachlich inkorrektes Zählen, die Statistik nach oben.
Update BFKA:
Auch hier denke ich, dass die Idee, Kompetenzen zur Geldwäschebekämpfung zu konzentrieren, absolut richtig ist. Das war es in der Theorie bei der FIU auch. Aber die Ausgestaltung war und ist katastrophal. Es hängt also an der Umsetzung und insbesondere der Einbringung polizeilicher Erkenntnisse ab. Fehlende (automatisierte) Datenzugriffe auf polizeilich relevante Informationen sind der Kardinalsfehler im aktuellen Setup der FIU. Dieses Problem müsste ein neues BFKA im Ressort des BMF in den Griff bekommen. Und die FIU gehört in diesem Zusammenhang restrukturiert. Ein „großer Wurf“ oder „Paradigmenwechsel“ wird es erst dann Herr Lindner, wenn den Beamt*innen und beteiligten Stellen (u.a. Polizeibehörden) die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen und Mittel an die Hand gegeben werden. Sonst bleibt es einfach eine weitere administrative Behörde ohne echten Mehrwert in der Sache.
Strafverfolgungsbehörden
Es ist ein Glücksfall für die Strafverfolgungsbehörden, dass es die FIU gibt. Denn Kritik an der FIU ist super komfortabel und meistens von Wohlwollen aus Presse und Politik begleitet. Dabei gäbe es auch bei den Strafverfolgungsbehörden zu fragen, ob das Phänomen Geldwäsche mit ausreichend Fokus wirksam und nachhaltig bekämpft wird. Und welchen Mehrwert die Behörden im aktuellen deutschen AML-Regime leisten.
Mit dem Weggang der FIU gibt es in den Strafverfolgungsbehörden – konzentrieren wir uns mal auf BKA und LKÄ – keine vergleichbare bundesweit, zentrale Themenzuständigkeit. Geldwäsche wird ganz überwiegend (lediglich) auf Referatsebene und in den GFG-Dienststellen abgehandelt. Und ja, ich kenne die Argumentation, dass auf die Themen Geldwäsche und Vermögensabschöpfung in jedem einzelnen Ermittlungsverfahren geachtet wird. Ob das tatsächlich der Fall ist, sei mal dahingestellt. Aber für Cybercrime – nichts gegen Cybercrime – wurde mit viel Engagement und Know-How zum Beispiel eine ganze Abteilung im BKA hochgezogen.
Man muss sich schon fragen, ob die Themen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung mit dem richtigen Schwerpunkt abgebildet sind. Ich glaube nicht, dass das aktuell der Fall ist. Oder ob es beispielsweise dem BKA nicht gut zu Gesicht stehen würde, nach Weggang der FIU (mal mindestens) eine Gruppe einzurichten, die eine bundesweite, zentrale Zuständigkeit ausfüllt, um ein komplexes und gesellschaftliches Phänomen dieser Größenordnung polizeilich auszuwerten und Ermittlungskompetenz zu konzentrieren. Mit der FIU ist „nur“ die Zentralstelle für Verdachtsmeldungen gegangen, aber doch nicht der gesetzliche Auftrag der Zentralstelle zur „Verhütung und Verfolgung von Straftaten mit länderübergreifender, internationaler oder erheblicher Bedeutung“ (§ 2 (1) BKAG).
Ein Output könnte ein jährliches Lagebild Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sein, in dem analog zu den anderen phänomenologischen Lagebildern die bundesweite Erkenntnislage und Statistik geteilt wird. Das könnte eine echte Ergänzung und inhaltlicher Mehrgewinn zum Jahresbericht der FIU sein, der seine Informationslage fast ausschließlich aus den nationalen Verdachtsmeldungen und dem internationalen Austausch mit anderen FIUs generiert.
Und es wäre vor allem die richtige Stelle, um (anonymisierte) Muster und Typologien der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, wie sie in laufenden, abgeschlossenen Ermittlungsverfahren identifiziert wurden, zu beschreiben. Diese Typologien und Muster sind es, die den verpflichteten Unternehmen des GwG endlich wieder systematisch zur Verfügung gestellt werden müssen, damit diese ihre internen Sicherungssysteme besser justieren und qualitativ bessere Verdachtsmeldungen erstatten können. Die FIU kann es nicht.
Dass auch die Strafverfolgungsbehörden im Kontext Geldwäschebekämpfung defizitär aufgestellt sind, zeigt die Tatsache, dass auch sie – wie die Banken – nicht in der Lage waren, auch nur einen der letzten großen Geldwäscheskandale von sich aus und initial zu ermitteln. Sondern man setzte ganz regelmäßig auf den Veröffentlichungen der Presse auf, die durch Whistleblower ausgelöst wurden.
Viele der eingeleiteten Maßnahmen endeten nicht mit einer strafrechtlichen Verurteilung wegen Geldwäsche oder einer zugrundeliegenden Straftat, sondern mit einem Bußgeldbescheid der BaFin oder Vergleich zu Lasten des Instituts. Das ist ok, aber der Erfolg eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens sollte sich am Erkenntnisgewinn („Pilotverfahren“) oder tatsächlichen strafrechtlichen Verurteilungen messen.
„Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen sowie die sonstigen für die Aufklärung, Verhütung und Verfolgung der Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und sonstiger Straftaten sowie die zur Gefahrenabwehr zuständigen inländischen öffentlichen Stellen und die inländischen Aufsichtsbehörden arbeiten zur Durchführung dieses Gesetzes zusammen und unterstützen sich gegenseitig.“
Steht so in § 28 (3) GwG. Es könnte so schön sein…
Fazit
Es gibt einen breiten Konsens darüber, dass Geldwäsche ein Risiko für unsere Gesellschaft und Wirtschaft ist. Aus diesem Verständnis heraus besteht bei den Beteiligten – Politik, Aufsichtsbehörden, FIU, Strafverfolgungsbehörden, Verpflichtete – die Einsicht, dass wir dieses Risiko bekämpfen müssen. Es gibt weder eine einheitliche Strategie, wie das erfolgen soll, noch ein Verständnis und eine Datenlage, woran gemessen werden kann, ob die vorhandenen (gesetzlichen) Rahmenbedingungen und installierten Instrumente wirksam und nachhaltig sind. Die Folge ist, dass unser gesamtstaatliches System zur Geldwäschebekämpfung extrem ineffektiv und erfolglos in dem eigentlichen Ziel ist, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu bekämpfen, dahinterliegende Kriminalität aufzuklären und inkriminierte Vermögen zu sichern. Das System agiert langsam, aufgebläht, in Teilen gesetzeswidrig, teuer, wenig der Sache gegenüber verpflichtet und es ist aktuell nicht in der Lage, sich selbst zu korrigieren.
Danke fürs Lesen.
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